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Tom Wesselmann

08.06.2018 09:00

 

Sein Leben

 

1931 in Cincinati, Ohio geboren, leistete er in den Jahren des Koreakriegs 1952-1954 seinen Militärdienst ab. In dieser Zeit begann er mit Cartoon Zeichnungen und näherte sich langsam der Kunst an. Seinen ersten universitären Abschluss machte er 1956 in Psychologie, bevor er noch im selben Jahr bereits mit ersten Kunstkursen begann. Seine Professoren waren von seiner Arbeit so angetan, dass sie ihn ermutigten, sich für die renommierte Cooper Union School of Art and Architecture in New York zu bewerben. Nach der Aufnahme folgten lange Aufenthalte in New York. Und bis er schließlich graduierte, trennte die Entfernung seine erste Ehe, die aufgrund dessen in die Brüche ging.

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In den 1960ern traf er an der Cooper Union seine zweite Ehefrau, die ihn künstlerisch stets unterstützte und für viele seiner berühmten Frauenabbildungen Modell stand. Zu seinen Lebzeiten bereits 1980 wurde das wichtigste biografische Werk über Tom Wesselmann verfasst. Und zwar von ihm selber unter dem Pseudonym Slim Stealingworth. Sein Leben und Schaffen ist also gut dokumentiert. So finden sich beispielsweise auch regelmäßige Tagebucheinträge und minutiös geführte Protokolle über seine abgeschlossenen Werke, wie auch Verträge oder Korrespondenzen mit Coca-Cola, wo er um Werbeplakate anfragte.

 

Seine Kunst

 

Während Wesselmann heute als klassischer Vertreter der Pop Art gilt, war dies nicht immer so. Seine ersten Malversuche waren stark von der Strömung des Abstrakten Expressionismus geprägt. Die abstrakten Formen des Abstrakten Expressionismus konterkarierte er jedoch bald mit realistischen Elementen und ebnete so seinen Weg in die Pop Art der 1960er.

In den 1970ern, Mitten in seiner Karriere verfolgte er neue Wege. Es drängte ihn weg von der klassischen Entwicklung der Pop Art, hin zu Stillleben, vergrößerten Motiven und neuen Techniken. Zwar behielt er sich seine charakteristischen Elemente, wie die knalligen, satten Farben bei, mischte sie jedoch mit neuen Einflüssen.

So startete er 1983 mit seinen Stillleben aus Stahl, wobei er Zeichnungen auf Metallplatten übertrug und mit einem Laserstrahl herausschnitt. Diese "laser cut metal drawings" stellen eine revolutionäre Verbindung von Gemälde, Skulptur und Printgrafiken dar, die die klassischen starren Grenzen auflösten.

Unverändert blieb sein lebenslanger Dialog mit bedeutenden Künstler der Klassischen Moderne. Wesselmann war stark von Henri Matisse und Pablo Picasso, sowie anderen europäischen Meistern der Modernen Kunst beeinflusst und schaffte es deren Ansätze zu amerikanisieren und in die Zeit der Pop Art zu transferieren.

Als seine bekanntesten Werke gelten Gemälde aus der "Great American Nude" Serie, von der bis 1973 genau 100 Werke entstanden. Die Idee dazu kam ihm in einem Traum, der von den Farben rot, weiß und blau - den Farben der amerikanischen Flagge - und dem Posing seiner zweiten Frau geprägt war. In vielen der Gemälden und Collagen finden sich Andeutungen an die amerikanische Flagge in den verwendeten Farben und Formen.

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Die gesamte Serie ist geprägt von vergrößerten Formen, Close-Ups einzelner Körperpartien sowie knalligen Farben und dem Amerika Bezug durch Einarbeitung der Farben sowie den Stars&Stripes.

 

Wesselmann und die Pop Art

 

Eine kleine Gruppe einflussreicher Künstler und nun bekannter Vertreter der Pop Art, unter ihnen Namen wie Roy Liechtenstein und Andy Warhol, begründeten die Bewegung der amerikanischen Pop Art. Eine Kunstrichtung als Antwort auf die ereignissreichen 1960er Jahre, geprägt von gesellschaftlichen Revolutionen, die den Abstrakten Expressionismus überwinden wollten.

Nach Wesselmanns erster Solo Ausstellung 1961, wurde im darauf folgenden Jahr die Show "The New Realists" zusammen mit allen großen "American Pop Artists" veranstaltet.

Wesselmann sah sich jedoch nicht lange in der Figur eines Pop Art Vertreters, sondern ging seinen eigenen Weg. Er beabsichtigte dabei keine Parallelen zu entwickeln, sondern einen unabhängigen und eigenständigen Stil zu etablieren. Zwar baute er klassische Sujets der Pop Art wie Werbungen und Plakate in seine Kunst ein, jedoch bespielte er das Sujet der historischen Nacktheit der Frau an der Gradwanderung von erotisch zu pornografisch.

Besonders die Zeit der 1960er mit den linksliberalen Bewegungen übten starken Einfluss auf Wesselmann aus. Diese gingen auch in Richtung einer sexuellen Revolution der Frau durch die Einführung der Anti-Baby-Pille und aufkommenden feministischen Strömungen. Durch diese zunehmende Präsenz der Sexismus- und Feminismus-Debatten sah sich Wesselmann vermehrt mit Kritik an seinen Darstellungen von Frauen konfrontiert.
Gleichzeitig beeinflussten und inspirierten sie ihn dahingehend, dass er den nackten weiblichen Körper erneut - wie damals in der Antike gang und gäbe - in die Kunst zurückholte, nachdem ihn die Werbung und Massenmedien nach dem Motto "Sex sells" für die Verkaufszahlen entdeckt hatten.